Vielleicht kennst Du diese Routinen auch: Sonntags telefoniere ich mit meinen Eltern. Sie wohnen weiter weg, wir sehen uns dadurch unregelmäßig und auf diese Art gibt es ein wöchentliches Update. Manchmal sind es eine gegenseitige Schilderungen unserer Woche und manchmal entwickeln sich wertvolle Momente daraus. Wie heute …
Das Gespräch hat mich so sehr beschäftigt, dass ich jetzt diese Zeilen schreibe und Dir davon berichten möchte:
Eine entfernte Verwandte ist gestorben und nun ist der Mann am Ende seines Lebens ganz alleine. Ich spüre die Betroffenheit meiner Eltern.
Ich atme durch und sage: “Hm, so traurig wie das alles ist – man darf sich darum kümmern, in diesen Situationen nicht alleine da zu stehen.”
Meine Mutter daraufhin: “Ich sehe förmlich vor mir, wie du dir auf die Lippen beißt.” Sie meint meine doch so andere Sicht auf diesen Verwandten, sein Verhalten und die Reaktion meiner Eltern darauf. Und sie denkt an meine, schon oft geäußerte, abweichende Haltung dazu.
Ich hole wieder Luft und kann ganz ruhig antworten, obwohl mir der Puls bis zum Hals schlägt: “Nein gar nicht. Versteht mich richtig: Ich sehe, wie alleine er ist. Ich habe vollstes Verständnis, dass es gute Gründe für ihn gab, sich so zu verhalten. Und mir tut es wirklich leid, dass er sich förmlich gefangen fühlt – aber ganz ehrlich: Ich weiß nicht, was schmerzhafter ist – den Sprung in die Persönlichkeitsentwicklung zu wagen oder am Ende in der “Komfortzone” geblieben zu sein … “
Das Gespräch hallt nach. Ich lasse meine Gedanken treiben und frage mich, was mich daran so triggert? Und plötzlich kann ich das Gefühl greifen:
Wenn sich Menschen verändern und sich ent-wickeln, sorgt das auch im Umfeld für Unruhe. Unangenehme Themen kommen auf den Tisch und werden angesprochen, Reaktionen der Person sind nicht mehr vorhersehbar und irgendwie wird es im Kontakt mit ihr ungemütlich.
Staub aufwirbeln
Das kann ich so nachvollziehen! Ich habe während meiner Coachingausbildung ALLE Kisten aufgerissen, die ich finden konnte und hab in meinem Umfeld ordentlich Staub aufgewirbelt. Ein ganz dickes Dankeschön an dieser Stelle: Ich war nicht einfach auszuhalten und es tut mir leid, dass euch diese Wucht getroffen hat und ihr euch auch Sorgen um mich gemacht habt. All das war nicht meine Absicht!
Klare Sicht
Und doch bleibt bei allem „husten und nach Luft schnappen“ im Staubwirbel das Gefühl, dass ein Blickwinkel in der Betrachtung fehlt: die Sicht der „Unbequemen“. Wie oft wird vom Umfeld vergessen, dass auch die Ent-wicklung für die Betreffende schmerzhaft ist? Der lange innere Kampf, bis eine Entscheidung getroffen ist, die Überwindung Dinge an- und auszusprechen und den Mut, zu der eigenen Entscheidung zu stehen und auszuhalten, die „Unbequeme“ zu sein…
Ent-wicklung
Jede Veränderung ist für beide Seiten eine Herausforderung. Geht doch allen erstmal Sicherheit und Handlungsfähigkeit verloren. Es ist nicht leicht, gewohnte Wege zu verlassen und Verständnis füreinander aufzubringen. Und doch gewinnen am Ende beide Seiten, davon bin ich fest überzeugt.
Mein Wunsch
Werft doch mal den Blick auf die andere Seite. Seid auch liebevoll mit den Menschen, die sich auf den Weg begeben. Sie brauchen statt “gut gemeintem” Gegenwind und Risikoanalysen, eine wohltuende Umarmung, Unterstützung und Rückenwind. Feiert den Mut und die ersten Schritte lieber gemeinsam.
Ich feier mit
Die Teilnehmerinnen meines 3-monatigen Premiere Führungs-Workshops „Wohl:Führen“ Kurses (was ne umständliche Wortwahl – mir ist leider nichts besseres eingefallen) haben mir gerade so einen Feiermoment geschenkt: Ihr Fazit zum Abschluss: „Ich habe nun den Mut und das Vertrauen MEINEN Weg zu gehen!
Für mich Gänsehaut pur und allein dafür hat sich mein „Unbequem“ sein gelohnt! Ich feier begeistert euren Weg und eure Ent-wicklung!
Und deshalb wird am Ende auch das Team von der Ent-wicklung dieser mutigen Inhaberinnen profitieren!
Wie denkst Du darüber? Schreib mir gerne Deine Gedanken dazu in den Kommentar!
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